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„Stell Dir vor, Du bist einmalig und jede:r merkt’s!“: Berufung und Biografiearbeit

„Wozu lebe ich?“, „Wofür bin ich eigentlich da?“ oder „Was mache ich hier eigentlich?“ Das sind grundlegende, existenzielle Fragen, die wir uns zuweilen in unserem Lebensverlauf, an biografischen Wendepunkten oder in Krisen stellen. In der Sprache der Spiritualität sind dies Fragen nach unserer Berufung, nach einem (möglichen) Auftrag, den wir – von wem auch immer – auf unseren Lebensweg mitbekommen haben.

Berufung – das ist in unsere heutige Sprache übersetzt die Antwort auf Fragen wie „Wer bin ich?“, „Wozu lebe ich?“ oder „Was soll ich tun?“ Wer die Antworten auf diese Fragen findet, spürt Energie und Erfüllung, erlebt Sinn und erhöht die Wahrscheinlichkeit für psychische Gesundheit. In der Berufung zeigt sich die Einmaligkeit und Einzigartigkeit eines jeden Menschen; in ihr sind wir ganz nah an unserem Wesen(tlichen). Wer seine Berufung erkannt hat, der funktioniert nicht mehr einfach so. Berufene folgen nicht mehr zuallererst den Erwartungen und Verordnungen anderer, sie gehorchen ihrer inneren Stimme. Wer seine Berufung erkannt hat, der weiß um seine Einmaligkeit und Würde.


Die Idee, dass jeder Mensch mit einem persönlichen Auftrag auf die Welt gekommen sein könnte, hat eine vielfältige und lange spirituelle Tradition. Die Ordensfrau Pia Gyger spricht hier von einem „Wesensgehorsam“. Angenehmer und einladender formuliert es die Theologin Dorothee Sölle, die Berufung als die Art und Weise versteht, wie „Gott mich geträumt hat“. Auch Berater:innen und Psychotherapeut:innen greifen diese Idee zunehmend auf (z.B. im Rahmen der Logotherapie).


Die eigene Berufung wahrzunehmen und ihr zu folgen, ist nicht immer nur angenehm, das ist kein einfacher Weg. Berufungen sprengen zuweilen das bisherige Lebenssystem, bringen etwas Eingespieltes außer Balance. Andererseits muss die Berufung aber auch nicht unbedingt in die Fremde oder Ferne führen. Die Berufung lässt sich zumeist da realisieren, wo wir im Leben stehen.


Vom Beruf sprechen wir andauernd, von der Berufung nur wenig. Der eigenen Berufung nachzugehen, hat fast eine systemsprengende Wirkung. Denn wir verweigern uns dann eventuell der Funktionalisierung im Arbeits-System. Wir sind dann vielleicht kein Rädchen, sondern eher Sand im Getriebe der Geschäftigkeit. Die Vorstellung einer Berufung befindet sich also in Reibung mit wirtschaftlichen Verwertungsinteressen: Denn dort sollen die Menschen weniger ihre Individualität leben, sondern sich an wirtschaftliche und industrialisierte Abläufe und Bedürfnisse anpassen. Insofern hätte das Leben der eigenen Berufung auch eine gesellschaftliche, fast revolutionäre Dimension.


Seminarhinweis:

Du hast mich geträumt Gott. Berufung und Biografiearbeit

27.-29. Nov. 2023, Palottihaus Freising

Information und Anmeldung: https://www.fwb-freising.de/index.php?page=10&id=1091

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